Beim Anwendertag „Pflanzenkohle und Substrate“ der AWN in Buchen gab es zahlreiche Praxistipps von Profis für Profis. 2018-09-15. „Gesunde Böden haben eine ewige Jugend und eine fortwährende Balance“, so Angelika Lübke-Hildebrandt aus Österreich, die sich zusammen mit Ihrem Mann Urs Hildebrandt weltweit in Sachen Landmanagement und Bodenfruchtbarkeit engagiert. „Doch unsere Böden vergreisen, die Kreisläufe sind weltweit zerrissen“, so ihre eindringliche Warnung an die interessierte Zuhörerschaft.

Beim Anwendertag „Pflanzenkohle und Substrate“ im Biomassezentrum auf Sansenhecken in Buchen konnte Landrat und AWN-Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Achim Brötel zahlreiche Gäste aus Landwirtschaft, den Maschinenringen, von Garten- und Landschaftsbaufirmen und Mitglieder des Verbandes Wohneigentum (Siedlerbund) begrüßen. Auch Alois Gerig, MdB und Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, Bürgermeister Roland Burger aus Buchen, den Kreisvorsitzenden des Kreisbauernverbandes Albert Gramling, den Bürgermeistern Thomas Ludwig (Seckach), Markus Günther (Walldürn) und anwesenden Kreis- und Gemeinderatsmitgliedern galt sein Willkommensgruß. Besonders freue er sich auf die Referenten: Neben dem Ehepaar Hildebrandt aus Österreich war Prof. Dr. Bruno Glaser von der Universität Wittenberg-Halle, Bodenbiogeochemiker, und Fredy Abächerli aus der Schweiz, Geschäftsführer des Machinenrings Zuger Berggebiet, angereist.

Die Grundidee für das Biomassezentrum in Buchen sei, so Landrat Brötel, 2012 beim zwanzigsten Geburtstag der AWN entstanden. Zwischenzeitlich sei man ein angesehener Hersteller von hochwertiger Pflanzenkohle – bei der Umsetzung sei auch das Umweltministeriums Baden-Württemberg mit einer großzügigen finanziellen Unterstützung beteiligt gewesen. Ziel sei es, so der Landrat abschließend, dass die produzierten hochwertigen Humus- und Pflanzenkohleprodukte „aus der Region und vor allem für die Region“ sein werden.

AWN-Geschäftsführer Dr. Mathias Ginter erläuterte, dass in Deutschland rund 10 Mio. Tonnen Grüngut und Bioabfälle verarbeitet würden. Während ein Großteil dieses Materials zu „normalem“ Kompost mit einem niedrigen Verkaufspreis verarbeitet würde, wolle man hier einen anderen Weg gehen: Es sollen hochwertige Produkte wie Pflanzenkohle, Nährhumus und die Schwarzerde „Terra Preta“ entstehen – darüber wolle man heute informieren. Ginter kündigte für kommendes Frühjahr einen „Praxis- und Feldtest“ mit den „Freunden vom Verband Wohneigentum“, mit denen eine enge Partnerschaft bestünde, an. Hier wolle man Erkenntnisse aus der Praxis für den Einsatz der Produkte im häuslichen Bereich sammeln.

In Ihrem Vortrag erläuterte Angelika Lübke-Hildebrandt, deren Eltern bereits auch engagierte Naturmediziner waren und Grundlagenforschungen betrieben hätten, die Kreisläufe in der Natur und insbesondere der gesunden Böden, die eigentlich fortwährende Fruchtbarkeit hätten. Nun sei sie mit ihrem Mann Urs weltweit „in Sachen gesunde Böden“ unterwegs. Unterbrochen würden diese Kreisläufe durch Naturereignisse, z. B. Vulkanausbrüche, für die man nichts könne. Viel schwerwiegender seien allerdings Maßnahmen aus Unwissenheit (Schwarzbrache) oder „Desinteresse, Profitgier und mangelnder Respekt vor der Natur“, so die eindringlichen Worte der Referentin. Man müsse das Gleichgewicht in den Böden wieder herstellen – dazu nannte sie auch Beispiele, wie sie dieses Humusverfahren weltweit in vielen landwirtschaftlichen Bereichen wie Gemüse, Obst, Wein, Blumen und Baumwolle erfolgreich umgesetzt hatten. In lehmigen und ausgelaugten Böden konnten innerhalb einer Zeit von knapp acht Jahren eine stabile Humusschicht von ursprünglich 1% auf das sechzehnfache aufgebaut werden. Anschließend erläuterte sie den Aufbau von ihrem wertvollen Nährhumus. Neben verfügbarem Material aus der Landwirtschaft, Landschaft, dem Garten und der Küche (Grünschnitt, Küchenabfälle, Mist) werden frisches Gün, tonhaltige Erde und rund 10% fertiger Kompost „zum beimpfen“ benötigt. Eine entsprechende Überwachung der Parameter Temperatur, der Feuchtigkeit und des Sauerstoffes sowie gezieltes Wenden der Miete würden dafür sorgen, dass nach rund acht Wochen ein wertvoller und krümeliger Nährhumus entsteht. Sie hoffen, dass die Landwirtschaft irgendwann auf den „Humuszug“ aufspringen würde. Sie freute sich auf die gute Zusammenarbeit mit der AWN, allen voran das „Biomasseteam“ mit Harald Schäfer und Christian Gramlich: „Was man hier in dieser kurzen Zeit erreicht habe, sei europaweit einmalig“ beschloss Angelika Lübke-Hildebrandt ihren genauso charmant wie auch eindringlich gehaltenen Vortrag.

Dr. Bruno Glaser, ein weltweit anerkannter Bodenkundler und ausgesprochener „Terra-Preta“-Spezialist hatte selbst jahrelang im Amazonas-Gebiet, der Herkunft der Terra-Preta, gelebt. Er erläuterte in seinem Vortrag, dass eine intensive Landwirtschaft zu Humusschwund führe. Dieser Effekt sei weltweit zu erkennen und dem gelte es entgegenzusteuern. Der Klimawandel, lange Trockenperioden wie in diesem Sommer aber parallel dazu extreme Starkregenereignisse würden für einen massiven Stress für die Böden sorgen. Durch die Ausbringung von Humus bzw. Terra-Preta könne man die Böden in Bezug auf Wasser- und Nährstoffspeicherung, als „Haus“ für Mikroorganismen“ und für die sofortige Fruchtbarkeit deutlich verbessern. Er untermauerte dies durch Ergebnisse von Feldversuchen, die im Rahmen seiner Forschungstätigkeit im Wendland durchgeführt wurden. Der Humusgehalt konnte verdreifacht und die Wasserspeicherfähigkeit verdoppelt werden. Abschließend erläuterte er die gesetzlichen Rahmenbedingungen mit dem Hinweis, dass hier noch vieles geklärt werden müsse – Österreich und die Schweiz seien hier weiter!

Dies war dann eine gelungene Überleitung zum Vortrag des Schweizers Fredy Abächerli, der aus der landwirtschaftlichen Praxis im Zuger Berggebiet berichtete. Die Kompostierung habe in der Schweiz noch vor 30 Jahren einen schlechten Ruf gehabt. Dies habe man verändern wollen und er habe ein paar Bauern gefunden, die zusammen mit ihm „gegen den Strom“ schwimmen wollten. „Wenn man die Welt verändern will, braucht man Praxisbeispiele, die funktionieren“. Diese lieferte er dann postwendend: Baumpflanzungen in Bern, wo die Bäume mit Nährhumus deutlich schneller wuchsen, Gemüsebauern mit besten Ergebnisse „trotz“ des Verzichts auf künstliche Düngung und Tiere im Stall, die durch gezielte Gabe von Pflanzenkohle im Futter beim Stalleinstreu deutlich gesünder waren. Er und seine Mitstreiter wollen weiterhin engagiert „dran“ bleiben, Landwirte informieren und neue Produkte rund um die Pflanzenkohle entwickeln.

Anschließend kam der Praxisteil, die AWN hatte im Biomassezentrum Infostationen mit zahlreichen Infotafeln aufgebaut. Neben einer ausführlichen Erläuterung der Funktionsweise der Anlage zur Herstellung von hochwertiger Pflanzenkohle (Pyreg) gab es ebenso ausführliche Information über die Bereiche „Stoffströme von Grüngutplätzen“ und Hackschnitzel. Das Highlight für die Besucher war eine original aufgesetzte Nährhumusmiete, an der in Form eines Stufenaufbaus alle Materialbestandteile zu sehen waren. Anschließend wurde diese mit dem „Gujer“-Kompostwender bearbeitet. Urs Hildebrandt war dabei genauso kompetenter wie engagierter Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema Nährhumus. Der gelungene Abschluss dieses Anwendertages fand in einer Halle statt: Hier hatte die AWN eine Bewirtung vorbereitet und es fanden sich schnell zahlreiche Gesprächsrunden zusammen.

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